In die Zukunft sehen

Als Student war ich bei der ein oder anderen Technologie, die ich im Bereich IT gesehen habe, oft beeindruckt und hatte ein recht monumentales Verständnis von den Erschaffern dieser Technologie. Nachdem ich dann einige Jahre in der Industrie in einer strategisch angesiedelten Gruppe gearbeitet hatte, legte sich diese Bewunderung recht schnell und deutlich.

Das was heute aktuelle Technologie ist und von den Herstellern als brandneu beworben wird, ist von den Grundkonzepten schon mindestens zwei Jahre alt, wurde von 10 Leuten schon so ähnlich angewandt und es gibt drei Open Source Projekte, die sich um ähnliche Technologien kümmern, aber es leider nur bis zu einer Version 0.1 Alpha gebracht haben.

Der Grad der „Innovation“ von IT Konzernen wird meist nur dadurch bestimmt, wie früh sie kleine Start-Ups bzw. deren Entwickler aufkaufen oder gar deren Markterfolg abwarten und erst dann natürlich zu einem höheren Preis zuschlagen. Echte Innovation findet sich meist in er Tiefe des Know-Hows der eigenen Kerntechnologie oder dadurch eine Erfindung marktgerecht aufzubereiten.

Möchte man in die Zukunft sehen und wissen, was in zwei Jahren alles so an Technologien möglich ist. Dann ist das eine Recht leicht zu beantwortende Frage. Das einzige was man benötigt ist die Zeit sich in aktuelle Trends einzuarbeiten. Die wirklich schwierige Frage ist: „Was hat sich in Zukunft an Technologie durchgesetzt?“. Das es sich hier gar nicht um eine technologische oder mit Ingenieurskunst zu beantwortende Frage handelt, ist für einen IT Menschen enttäuschend.

Das ist auch der Grund warum viele IT Unternehmen absolute Copy-Cats sind. Es wird auch das letzte Risiko durch höhere Investition minimiert. Wenn deren Marketiers dann von Innovation, Schutz geistiger Ideen und Software-Patenten sprechen, bekommen IT Fachkräfte Pickel.

Einen ähnlichen Effekt, leider dann nur lokal in dem eigenen Markt, habe ich bei Projekten erfahren. Es gibt einige Projekte, die werden von professionellen Leuten auf allen Seiten gemanaged und laufen 100% geradeaus, obwohl sie einen hohen Anteil von Neuheitswert haben. Bei diesen Projekten lässt sich meist sogar voraussagen, dass diese von anderen Kunden in dem selben Markt kopiert werden und eine neue Technologie, ein neue Geschäftsprozesse oder ähnliches innerhalb von 3-5 Jahren einen ganzen Markt umkrempeln werden.

Unprofessionelle Projekte, Projekte die einen regelrechten sozialen Sumpf mit sich schleppen oder sehr ehrgeizige Projekte mit einer dicht gesetzten Armada von Critical Sucess Factors, die es dann unerwarteterweise doch ans Tageslicht schaffen sorgen hier für die nötige Unschärfe, warum ich dann dennoch nicht zum Hellseher tauge.

Das erstaunliche ist dann wieder die Bewertung von außen. Genauso wie Copy-Cat IT Konzerne von vielen „Experten“ als Innovativ eingeschätzt werden, wird Projekterfolg im wesentlichen nicht richtig bewertet und zwar sowohl vor als auch nach dem Projekt. Für eine positiven Eindruck sorgen bekannte Beratungsunternehmen, größe des Kunden und die Marketingrelevanz der verwendeten Produkte.

Die genannten drei Punkte sind meiner Erfahrung nach Projektanteile, um die sich ein Projektmanger besonders kümmern muss und die das ein oder andere Mal ein Projekt in die Tiefe ziehen können. Consultants, die mit Schema F nerven oder falsche Nachrichten an die Geschäftsleitungen funken. Große Kunden, die wie ein Öltanker funktionieren aber Speedboot fahren wollen, weil das cool ist. Als letztes Beispiel beworbene Produkte, die noch nicht marktreif sind und Anpassungen benötigen, die Zeit und Marge fressen.

Ganz ähnlich laufen auch vertriebliche Entwicklungen. Vertrieb durch Brandrodung wird immer als Erfolg gesehen. Eine drohende Marktsättigung ignoriert bis sie da ist. Balanced Scorecard oder ähnliche Strategische Ansätze? Ja, machen wir, oder?

Dass manche Nachrichten nicht oder zu 180 Grad gedreht ankommen und in Kardinalfällen sogar nachgewiesene Falschheit keinen Einfluss auf öffentliche Meinung hat, mag verwundern. Das wirklich Erstaunliche ist, dass es da immer eine kleine Gruppe von Menschen gibt, die sich damit auskennen und wissen was zu tun ist. Diese treten grundsätzlich nicht großartig in Erscheinung, verdienen gut, aber gehören nie zu den Top-Ten-Gehaltsempfängern im Unternehmen. Sie lenken die jungen Ingenieure, die alle Probleme mit neuer Technologie lösen wollen, stoßen ihnen aber nicht vor den Kopf. Weisen unerfahrene Projektmanager auf gefährliche Klippen hin, lassen sie aber auch das ein oder andere Mal Schiffbruch erleiden. Sie kennen sogar das Maß in dem sie lenken können.

Da braucht es keine Hellseher. Höchstens das Nachdenken, warum das so sein muss.

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