Referenzwertige Referenzen

Qualitätssicherung einer Ausschreibung ist eine Investition in Arbeitszeit. Referenzen eines Anbieters werden dort gerne als Qualitätscheck genutzt. Lohnt sich der Aufwand nach Referenzen zu fragen? Oder geht es um den Wohlfühlaspekt vor dem Kauf? Wie immer lautet die Antwort: Es kommt darauf an.

Auf jeder IT Messe oder Produktbroschüre finden sich die unabdingbaren bunt bedruckten DIN-A4-Seitenmit nahezu allen Firmenlogos der DAX-Unternehmen. Die Aussage ist, dieses Produkt oder dieser Service ist so begehrt, schau Dir einmal an wer das alles einsetzt. Viele zufriedene Kunden können nicht irren. Referenzen schaffen ein Wohlgefühl. Das ist absolut in Ordnung, so lange Wohlgefühl nicht mit Absicherung verwechselt wird.

Anderes Szenario: Soll ein brandneuer Service beschafft werden, so sind die wenigen Referenzen die ein Anbieter aufzeigen kann, eine gute Absicherung. Die Referenz bestätigt, dass wir nicht die Versuchskaninchen sind zumindest nicht die absolut Ersten. Selbstverständlich sollte mit einer der Referenzen ein intensiver Austausch angestrebt werden, um sicherzustellen, dass auch Gleiches mit Ähnlichem verglichen wird.

Mir ist irgendwann einmal aufgefallen, dass bei fast jedem Anbieter eines gewissen Service auf jeder dieser Referenz-Sammel-Folien immer wieder das Logo eines Automobilherstellers prangte. Fortan habe ich stets auf dieses Logo gezeigt, gesagt das mir dies bei allen Mitbewerbern auch aufgefallen ist und bat um Erklärung. Dabei stellte sich dann heraus, dass dieser Service bei dem Automobilhersteller nur von sehr kleinen Abteilungen eingekauft wurde. Also nichts mit der schönen Suggestion: Dieser Service wird von uns für ein 110-tausend Leute Unternehmen erbracht, sondern eher für die 110 Mann Abteilung. Im Prinzip dieselbe Aussage wie: Dieser Service wird von uns für ein kleines aber feines 110 Leute Unternehmen erbracht, was kein Firmenlogo Wert hätte.

Nun verlassen wir mal den Marketing-Teil dieses Thema hin zu Referenzen, die explizit angefragt werden. Bitte nennen sie drei Kunden derselben Branche, Größe, Sprachvielfalt und noch vieles mehr. Die Antworten darauf lassen Schlüsse über die Erfahrungen des Anbieters zu. Diese Information – an sich – ist meiner Erkenntnis nach nur bei kleineren Anbietern interessant, um festzustellen ob dieser dort überhaupt hinreichend oft in meinem Umfeld und meiner Größe unterwegs ist. Globale Anbieter werden weltweit genug Referenzen auftreiben können. Wie es um Erfahrungen und Einbindung der lokalen Dependance steht, bleibt offen.

Auch werden die vom Anbieter genannten Referenzen genau die Kunden sein, die gute Erfahrungen gemacht haben. Warum alles zu einem guten Zustand geführt hat, der nun Referenzwertig ist, hängt von vielen Faktoren ab. Mein Bereich hatte einmal maximalen Ärger mit einem amerikanischen Softwareanbieter. In dieser Situation wandte ich mich an einen Freund, der beruflich auch Software von diesem Anbieter einsetzte. Der war recht zufrieden mit dem Anbieter. Schon nach kurzer Diskussion stellte sich heraus, dass auch sie unter ganz ähnlichen Problemen litten, jedoch kümmerte sich der Hersteller in seinem Fall aktiv und nachweisbar schnell, während ich nur vertröstet wurde. Dies lag schlicht und ergreifend an der Abnahmemenge, die Firma meines Freundes war um Faktor 10 größer und nahm entsprechend mehr Lizenzen ab. Mein Arbeitgeber war (und blieb) ein unwichtigerer Kunde, der übrigens auf mein betreiben den Vertrag hat auslaufen lassen 🙂

Ein direkter Kontakt in die Firma kann auch mal den gegenteiligen Effekt haben, das heißt vernebeln, statt Transparenz schaffen. Ein arg gebeutelter Bekannter machte mich auf eine ärgerliche permanente Schlechtleistung aufmerksam. Da ich ohnehin in dem Nachbarbereich zu tun hatte, konnte ich die Ursache recherchieren. Das Ende vom Lied war: Sein Arbeitgeber hatte die Leistung extrem gekürzt und diese gekürzten Leistungen ausgeschrieben. Im Ergebnis waren alle Endanwender unzufrieden, da sie die erwartete Leistung nicht erhielten, sondern nur die definierte Leistung. Eine offene Kommunikation, dass dies von der Geschäftsleitung so gewollt ist und der Dienstleister alles wie gewünscht liefert, fand nicht statt. Nach ein bis zwei Jahren war dies allgemein bekannt und die Endanwender haben sich an den Zustand gewöhnt bzw. kannten die Verursacher der Probleme.

Der Mittelweg zwischen dem maximal Gut oder Schlecht muss bei Referenzen vorab festgelegt werden. Wozu dient die Frage nach einer Referenz? Wie Zeit viel bin ich bereit zu investieren? Welchen Grad der Absicherung kann ich erzielen?

  • Überprüfen der Leistungsfähigkeit des Anbieters
    10 Minuten pro Anbieter
    Schriftliche Aussage über real existierende Projekte
  • Effektivitätsvergleich verschiedener Anbieter
    60 Minuten pro Anbieter
    Telefoninterview mit einem Projektteilnehmer der Referenz, diese ist vom Anbieter mehr oder weniger ausgewählt

Eine Vergleichbarkeit also am liebsten so etwas wie eine Vorwegnahme eines Projektverlaufs, ist auf diesem Weg nicht herzustellen. Mit etwas Taktik kann durchaus ein Vorbild gefunden werden. Die entscheidenden Fragen in so einem Projekt werden ähnlich sein, in etwa: Wo war Beistelleistung nötig? Wo musste ich als Kunde Dinge gerade-ziehen? Was konnte sinnvoll als Paket definiert und zum Festpreis vergeben werden? Wie hat sich der Serviceanbieter bei Veränderungswünschen verhalten? Und viele ähnliche Fragen.

Diese Fragen gehören zu der Geschichte einer Referenz. Nur aus ihrem Umfeld können diese tiefschürfend beantwortet werden. Vielleicht hatte die Referenz viel mehr Erfahrung als ich oder aufgrund einer neuen IT Leitung ein freies Spielfeld. All das ist nicht in einem Telefonat zu erfahren.

Mein Rat ist: Sollen Referenzen einer soliden Absicherung dienen, dann ist die beste Lösung eine Kooperation mit einem Referenzkunden, der gut zu einem passt. Mindestens aber einige gemeinsame Workshops. Hört sich schwieriger an, als es ist. Die Ausgangssituation ist zwar eine Bitte um Auskunft, kann jedoch schnell in eine Gegenseitigkeit gewandelt werden. Interne IT Organisationen haben ähnliche Herausforderungen: Wie stellst Du dein internes Projektmanagement auf? Musst Du OLAs einhalten und wie detailliert sind diese? Hast Du schon eine Lizenzmanagment im Einsatz?

Und schon wird aus einer Referenz ein Kollege, den man auch langfristig zu einer neuen Entwicklung als Sparringspartner ansprechen kann. Damit die Kooperation nicht mit gegenseitigem Misstrauen starten muss, rate ich dazu Referenzen nicht unbedingt aus der gleichen Branche anzufordern.

Egal ob die Frage nach Referenz auf eine Kooperation abzielt oder als einfache Bestätigung dient, bitte vorher den erwarteten Nutzen und die erforderliche Investition in Zeit festlegen. Die schönste Referenzliste nutzt nichts, wenn man aus Zeitgründen nur kurz drüber schauen kann.

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