Projekte scheitern an vermiedener Kommunikation

Teil #2 aus Gründe warum Projekte scheitern

Beim Kapitel Kommunikation im Projektmanagement wird gerne über interkulturelle Hürden und ähnliches gesprochen. Probleme in der Kommunikation sind tatsächlich ein wichtiger Faktor in der Welt der gescheiterten Projekte. Das man im Chinesischen nie direkt zur Sache kommt, ist aber eher ein Nebeneffekt, der gut vorhersehbar, planbar und lösbar ist. Viel interessanter ist Kommunikation die gezielt vermieden wird. Beispiel: Ein Lieferant lässt in seinem Angebot bewusst notwendige Bestandteile weg, um den Preis attraktiv erscheinen zu lassen. Selbstverständlich wird sich das im Projekt (und hoffentlich auch sonst) rächen. Dem Projekt wird dabei mehr Schaden zugefügt, als nur die Zusatzausgaben für die fehlenden Elemente. Der Lieferant wird mit Nebelkerzen werfen und versuchen die Schuld auf Andere zu lenken. Das frisst eine Menge Zeit, Nerven und Geld. Dies im Vorfeld heraus zu bekommen, ist nahezu unmöglich. Das Projektteam muss dazu einen sehr hohen technischen Sachverstand haben, immerhin mehr Know-How als das Pre-Sales-Team. Wieder mal ein Grund für auch technisch bewanderte Project Boards und Projektleiter.
In einigen Unternehmen gibt es eine Adaption bestehender Projektmanagmentmethoden (PRINCE2, PMBoK, ICB) an die Anforderungen der im Unternehmensbereich typischen Projekte. Das ist oft sinnvoll und gut, um unnötiges Papier und Aufwand zu sparen Es sagt aber auch etwas über die Kultur aus. Falls zum Beispiel Abnahmepapiere fehlen könnte es daran liegen, dass diese nicht gerne unterzeichnet werden. Diese nicht gewollte Kommunikation ist bis zu einem gewissen Grade beherrschbar. Ein gewiefter Projektmanager, der die originale Projektmanagmentmethode kennt oder ausreichend Sachverstand hat, kann dies leicht durchschauen, sich anpassen und das Nötige erhalten. Zum Beispiel den aktuellen Projektstatus im Boardmeeting verabschieden oder dort notwendige Maßnahmen via Protokoll einfordern.

Eine gewisse Blauäugigkeit eines kommunikationsstarken Projektmanagers kann fehlende Kommunikation auch in Fällen ausgleichen, in denen typischerweise nicht gesprochen wird, die aber Dreh- und Angelpunkt für Probleme sind. Zum Beispiel zwischen Auftraggeber und Entwicklungsabteilung oder zwischen Entwicklung, Operations und Service Desk. Viel zu kommunizieren, das heißt möglichste viele Projektmitglieder persönlich in Kontakt zu bringen ist ein Erfolgsfaktor. Selten entsteht dabei ein wildes Geschnatter oder eine große Klagerunde, die weiß was alles nicht geht und darüber vergisst voranzuschreiten. Selbst wenn dabei zu viel an Kommunikation entsteht, so ist dies vom Projektleiter gut in die richtigen Bahnen lenkbar. Wenn nicht kommuniziert wird, hat man keine Chance Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. So manche problematische Projektphase war vor dem Satz „ich dachte ihr wolltet es so“ noch im Zeitplan.

In den Abschnitt vermiedene Kommunikation gehört auch die Unmöglichkeit der Kommunikation. Es gibt Projektkonstellationen in denen Parteien zusammenkommen, die schon über lange Jahre zerstritten sind und wie Hyänen auf einen Fehler oder zu viel Offenheit des anderen mit gewetzten Messern warten. Keine Projektmethodik der Welt bringt eine so zerstrittene Truppe wieder zusammen, auch darf man in manchen Fällen nicht darauf hoffen, dass Professionalität einen letzten Funken von Verantwortung aufkeimen lässt. Mildere Formen eines solchen Gezänks lassen sich durch herausarbeiten von beiderseitigen Nutzen überstehen. Schwerere Formen einigem Glück auf einen Nebenkriegsschauplatz lenken, auf dem die Kontrahenten sich austoben können. Manchmal ist es aber auch die Konfrontation mit dem Scheitern des Projekts. Bei kleinen Organisationen oder Firmen in finanziell angespannten Situationen kann die Erkenntnis des nahen Jobverlustes aller Beteiligten, egal ob man selbst nun Schuld ist oder nicht, der Anstoß sein sich zusammenzureißen und an einem Strang zu ziehen. Dies kann ein Projekt retten, da jedoch kein Interessenausgleich stattgefunden hat ist davon auszugehen, dass bei der kommenden Zusammenarbeit die nächste Schlacht beginnt. Da muss dann schon ein Mediator ran, falls das gewünscht ist. Gerade als externer Provider unbedingt ins Lessons Learned klar und deutlich vermerken.

Wie lässt sich so etwas verhindern?

Gegenmaßnahmen: Einfache Ratschläge sind bei vermiedener Kommunikation kaum hilfreich. Wenn das Projekt erfolgreich sein soll, muss fast alles auf den Tisch. Das ist anstrengend und kann zermürbend sein. Dabei gilt es die Sachfragen zu diskutieren, aber die Interessen und die Konstellationen der Beteiligten zu behandeln. Auch hilft meist das Unausgesprochene anzusprechen, dies können schwerwiegende Forderungen, übliche Tricks oder Störungen in den Beziehungen sein.

Tipps:

  • Das und wo Kommunikation vermieden wird, muss der Projektmanager erst einmal herausbekommen. Oft lassen sich diese schon aus dem Business Case oder anderen Pre-Sales-Dokumenten herauslesen. Sind dort Passagen, die typischerweise recht unkompliziert sind, hier aber nicht ausführlich beschrieben sind? Zusammenarbeit zwischen internen Team vereinbart, aber keine Rollen zugeordnet? Fragt möglichst viele Leute, wie sie diese Stellen interpretieren.
  • Oft lässt man sich leicht überzeugen, dass klärende Workshops oder fehlende Unterschriften „schon Okay“ sind. Denn dies wurde ja im Design festgelegt oder ist bei uns üblich. Ich kann nur sagen, raus aus dieser Komfortzone und zwar immer. Keine Angst es wird zwar oft eine genervte Reaktion dem Projektleiter gegenüber geben, aber auch oft einen Aha-Effekt. Diesen muss man natürlich gut und oft kommunizieren.
  • Schuldzuweisungen einer Partei sollte man registrieren, aber nicht verwenden. Auch nicht zur eigenen Meinungsbildung.
  • Dürfen externe Provider beschäftigt werden, kann deren Zuarbeit eventuell so organisiert werden, dass Konkurrenzsituationen intern vs. extern entstehen. Bitte in zerstrittenen Organisationen niemals intern vs. intern antreten lassen, es sei denn man hat eine Risiko-Lebensversicherung abgeschlossen.

2 Gedanken zu „Projekte scheitern an vermiedener Kommunikation“

  1. Hallo Herr Werner Roth,

    wie geht es ihnen?
    Sind sie der „Werner Roth, Erfüllung im ganzen Leben“,
    den ich bei Tempus treffen konnte und der mir am
    1996-0505 zusammen mit dem Roth-Magazin eine Werbe-
    Aussendung mit TimeControl machte?
    Vorliegen habe ich den Flyer Roth Magazin 1996/01 in dem
    sie schreiben dass sie mit 54 Jahren noch nicht alt sind.
    Dann müsstensie heute um 69 J sein?
    Freundliche Grüsse
    Franz Neuhold

  2. Hallo Herr Neuhold,

    nein, der bin ich nicht. Ich wünsche Ihnen viel Glück bei der Suche nach meinem Namensvettern.

    Viele Grüße
    Werner Roth

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