Mit Büchern aus der Blase

Seit einigen Wochen versuche ich mit mäßigem Erfolg, nicht mehr so oft auf mein Handy zu schauen. Zum einen ist die Zeit dort meist nicht gut investiert, zum anderen tut es auch mal gut, in die Luft zu schauen. Social Media versucht einen mit allen möglichen Tricks abhängig zu machen, was im Sinne des Geschäftswertes der Anbieter völlig in Ordnung ist, aber das was gut für mich ist eben nicht in den Mittelpunkt stellt.

Kurze, belanglose Informationshäppchen, die in meine Blase passen, haben Vorrang. Wenn dann doch mal ein längerer Artikel über 2 Seiten kommt, ist man dank jahrelanger Prägung durch Clickbait-Werbeartikel so misstrauisch, dass nach wenigen Sätzen schon weitergeswiped wird. Oder, ach, die Schlange an der Kasse ist heute schnell, ich bin dran und stecke das Handy wieder in die Tasche.

Viele Merkmale erinnern an die Anfänge der Musik-Streaming-Dienste, bei denen Musikstücke nach weniger als 20 Sekunden weitergeschaltet werden. Künstler:innen und Industrie reagierten mit kurzen, konformen, unspannenden neuen Tracks. Eine Stunde Musik scrollen und man ist geistig durchgegart. Viele legten den Streaming-Player aus der Hand und freundeten sich wieder mit Plattenspieler und Vinyl an.

In der Pandemie hat die Kneipenlesung einen Bücherstreit-Podcast gestartet, für den ich Bücher lesen „muss“, die sonst nie auf meiner Leseliste gestanden hätten. Allein schon wegen des Genres. Natürlich habe auch ich dem Podcast-Team Bücher vorgeschlagen, die sie sonst nie gelesen hätten. Zum Beispiel haben wir zum Thema Klimakrise haben wir zwei gegensätzliche Bücher gelesen.

Das hat mich nach einiger Zeit so interessiert, dass ich jetzt geradezu auf der Suche nach Büchern bin, die mich in unbekannte oder gegensätzliche Sphären führen. Sie müssen gut verfasst und interessant sein, aber die Lektüre darf auch anstrengend sein, weil der Autor eine völlig gegensätzliche Meinung vertritt.

Meine Hoffnung ist, dass Bücher und Hörbücher vielleicht so etwas wie die Langspielplatten des Social-Media-Zeitalters werden. Einfach für eine Stunde oder länger in eine andere Welt eintauchen, etwas Neues lernen, Einblicke in die Gedankenwelt anderer Menschen erhalten und nicht zuletzt gut unterhalten werden.

Ich schließe diesen Beitrag mit weniger als 2.500 Zeichen, damit ihr ihn oft angeboten bekommt 😉

Mit Büchern aus der Blase

Ich scheitere am Buchkauf

Ich fühle mich diskriminiert, denn ich nutze durchaus den selbsternannten Fachhandel zum Bücherkauf. Allerdings läuft das ungefähr so ab: Anwesende Kundinnen werden so lange vorgezogen bis man dann meint einen der stöbernden Herren bedienen zu müssen. Zur Begrüßung lautet der Satz „Guten Tag, wollen Sie etwas abholen?“.

Lieber offline Buchhandel, noch konsequenter wäre es mich das Nächste mal mit „Warten Sie hier auf jemanden?“ anzusprechen.

Die Sache wendet sich tatsächlich, wenn ich eine Kneipenlesungs-Einkaufstasche dabei habe. Dann werde ich als Kunde ernst genommen, auch wenn hie und da eine leichte Unsicherheit in den Augen der Buchhändlerin zu bemerken ist.

Somit wechsele ich nun zu dem großen Online-Buchhändler mit „A“. Da werde ich ernst genommen! Das Online-Portal fragt mich höflich „Sie lesen Bücher von Max Goldt, möchten Sie nicht auch mal bei Wiglaf Droste rein schauen?“ Ja, das will ich.

Das mit dem Online-Buchhändler war natürlich nur ein Spaß, aber verdient hättet ihr das! Übrigens, die Frau gerade vor mir hat eine heruntergesetzte rosa Einhorn-Tasse gekauft, nicht gerade Hochliteratur.