Transformation: There are no easy answers

Vielfach kommt der Wunsch nach Veränderung oder sagen wir besser der Zwang zur Verbesserung einer IT Organisation von Innen. Fast alle Beteiligten leiden unter der aktuellen Situation und haben ihre Ansichten zu Dingen die verbessert werden können. Oftmals liegt es daran, dass über Jahre sich die Serviceerbringung zwar verändert hat eine durchgestochene Anpassung der Organisation, Abläufe, Sourcing, etc. von Management bis hin zur Operation nicht vorgenommen wurde. Die auf dem Weg aus der Not vorgenommenen lokalen, kleinen oder kompromissbeladenen, großen Änderungen haben sich zu einem aufwändigen Szenario entwickelt aus dem auch so schnell kein Entkommen ist. Ich meine die Betonung liegt auf: „so schnell“. Mit Bedacht, sorgfältiger Planung und etwas Durchhaltevermögen ist das zu schaffen. Einfache Antworten sind da meiner Meinung nach nicht gefragt.Nur um ganz klar zu unterscheiden, es gibt anders gelagerte Fälle in denen Veränderungen zwar vom Management als Notwendig erachtet werden aber das Ziel fehlt. Zum Beispiel: Das Team ist eingeschlafen, zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit muss etwas passieren. Hier ist der entscheidende Brocken die Festlegung der wichtigsten Ziele, Strategie und Vision. In diesem Artikel soll es bewusst um eine Organisation gehen, die im Laufe der Jahre sehr gut gelernt hat wo es Weh tut. Ein Fall der meiner Meinung nach recht Häufig ist. Hier kommt es darauf an, ob die richtigen Leute gefragt werden.

Wunderbar ist der Moment, im dem diese notwendige Veränderung so deutlich sichtbar ist, dass man es nicht mehr ignorieren will. Ernüchternd wenn zur Lösung die falschen High-Level-Management-Berater eingeflogen werden, bei der Landung mit Ihrem Hubschrauber viel Staub aufwirbeln und mit der selben Staubintensität den Laden wieder verlassen. In Kardinalfällen gibt es noch einen Rat der Einfache-Antworten-Berater: Das Ganze gerade eben  noch Mal operativ umsetzen sollte aus Kostengründen preiswerteren Beratern überlassen werden.

Nun könnte obige Vorgehensweise durchaus simpel eine überteuerte Anfertigung schöner Folien sein. Leider ist sie das nicht, sondern richtet oft viel Flurschaden an, der die Situation noch Verfahrener macht. Als anschauliches Beispiel soll kein fiktiver unorganisierter IT Betrieb, sondern eine unaufgeräumte Wohnung einer WG dienen. Statt  ITIL®  und Outsourcing eines Service als compelling event, nehmen wir den Einzug eines neuen Mitbewohners oder auch Mitbewohnerin.

Szenario: Über die herumliegenden Sachen am Boden stolpern alle, im Bad gibt es trotz 20 qm keinen Platz mehr in Schrank und Regalen für den neuen Mitbewohner. Die Fläschchen der Parfums klackern vom unsolide angebrachten Brett gerne mal in das Klo.

Nun geht die gut bezahlte Analyse des Einfache-Antworten-Beraters los und stellt nach einem sehr ausgeklügeltem Assessment fest: Im Branchenvergleich ist in der WG Optimierungsbedarf vorhanden. Nun suchen wir nach dem erfolgversprechendsten Ansatz, finden den Service „Gemeinsames Kochen“. Stellen schlechte Koordinierung, vergammelte Grundzutaten, fehlende Rezepte, etc. fest.

Die Lösung für ein zukünftiges fehlerfreies Kochen zu finden, schauen uns die Kochkünste der WG Bewohner an, betrachten die Kochbücher und stellen mit Entsetzen fest, dass es gar keinen Speiseplan gibt. Hier muss man ansetzen und eine Vorgehensweise definieren, wie man an einen effizienten Speiseplan kommt.

Struktur innerhalb von Unordnung zu legen, kann nicht mit einfachen Antworten begegnet werden. Die Landkarte des Ziels ist einfach strukturiert, aber auch kein Hexenwerk. Eine große Organisation mit historisch gewachsenen Strukturen kann selbst wenn sie sehr gewillt ist nicht über einfache Kochrezepte verändert werden.

Betrachtet man das Wissen, dass unser Einfache-Antworten-Berater in die WG gebracht hat, findet sich kaum etwas von geschaffenem Wert. Die Unordnung war bekannt, Beispiele von aufgeräumten Wohnungen und deren Abläufen wahrscheinlich auch. Dieses Wissen zu bündeln und einen Ansatzpunkt zu finden hätte die WG vermutlich mit einem (fachfremden) Mediator auch selbst hin bekommen.

Schädlich war das bisher noch nicht, also lassen wir unseren Einfache-Antworten-Berater weiter aufräumen. Es ist zu vermuten, dass sich das Kochen tatsächlich verbessert, denn alle Beteiligen konzentrieren sich nun darauf und selbst wenn man in Workshops zur Erstellung von Speiseplänen sitzt hat das eine Auswirkung auf den Service kochen.

Alle Personen, Aktivitäten, Werkzeuge, o.ä. die vor, hinter oder neben dem Kochen liegen sind nach wie vor unaufgeräumt und machen sich im Zusammenspiel unangenehm bemerkbar. Die Antwort unseres Einfache-Antworten-Beraters bleibt simpel, auch diese müssen von vorne bis hinten an die Strategie angepasst werden. Was im Gesamtvolumen sicher mehr als „Wohnung komplett aufräumen“ bedeutet. Da das unrealistisch ist, fragen die Bewohner der Nachbarabteilung den Berater lieber nicht sondern die Reaktion ist eine Vermeidungsstrategie. Ist das holen des Kochbuches aus einem Zimmer zu langsam, da man über allerlei Unrat klettern muss, wird jetzt schneller gerannt.

Die Frage, wie man zu den angestrebten Strukturen vor dem Hintergrund der aktuellen Abläufe kommt, kann durchaus schnell zu komplexen Wechselwirkungen und vertrackten Situationen führen. Zumal hier oft lokale Fürsten ihre Pfründe sichern wollen und somit Komplexität lieben. Dennoch es gibt leider in der alten noch zu 90% unaufgeräumten Struktur Probleme, die es in einer aufgeräumten WG nicht gibt. Unserer Einfache-Antworten-Berater, der ja die neue Struktur vorgegeben hat, kann nicht falsch liegen und geht nach  „Weil nicht sein kann , was nicht sein darf!“ vor.

Das verneinen des Problems mit Worten wie „Was soll denn daran so schwer sein?“ oder subtilen Hinweisen auf die eigentlich nicht erwartete mangelnde Professionalität der Beteiligten. Dadurch erreicht unser Einfache-Antworten-Berater ein wichtiges Ziel: Er behält Recht und die Bewohner die noch Probleme sehen werden in Zukunft schweigen. Das hat schwerste Auswirkungen: Die Beteiligten sind nun mit der neuen Struktur allein gelassen und selbst wenn zu Anfang Unterstützung für die neue Struktur da war. Mangels Erfahrung stellt sich nun keinesfalls Erfolg ein.

Eigentlich kennt jeder Informatiker Strategien, die auf Umwegen schneller zum Erfolg führen als Greedy. Deshalb ist vermutlich unser Einfache-Antworten-Berater ein steter Quell für das Dilbert-Prinzip.

Nachdem der Einfache-Antworten-Berater weg ist, wird sich die gesteigerte Laufgeschwindigkeit zu den Buchregalen wieder normalisieren und der Speiseplan wird früher oder später hinterfragt und nicht weiter verfolgt.

Was wäre denn ein sinnvoller Ansatz gewesen? Vermutlich so etwas wie erst einmal alle Laufwege vom Unrat befreien, dann die Küche aufräumen, einen Putzplan für die Küche erstellen und kontrollieren. Nachdem sich das eingespielt hat, kommt das Bad dran. Auf jeden Fall etwas, das zumindest als Teil-Ziel von allen Bewohnern hätte als Alternative hätte entwickelt werden können.

Das sich in der Zwischenzeit die Hygiene des Essens nicht verbessert hat, ist schwer hinzunehmen. Auch das bei der Produktion des Essens mangels Vorrat und koordiniertem Einkauf, Nudeln durch Reis ersetzt werden müssen, ist alles andere als toll.

Derartige Defizite sind jedoch auf dem Weg zu regeln. Nachdem die Küche strukturiert wurde fällt das Bad schon leichter und kann als Teil-Projekt selbst umgesetzt werden. Die Strategie kann sich nun schon mal Richtung Einkauf bewegen. Oder besser doch Erstmal Hygiene 🙂

Es geht mir in diesem Artikel nicht darum Einfache-Antworten-Berater schlecht zu machen, sondern darum Gründe aufzuzeigen warum ITIL® in vielen IT Organisationen als zusätzliche Bürokratie angesehen wird. Wenn eine Organisation den Einfachen-Antworten-Beratern gefolgt ist, bleibt meist nichts als ein Regalmeter Bürokratie. Den wollte eigentlich Niemand. Der muss auch nicht sein.

Vor allem in einer Situation in der klar ist, dass es Verbesserungspotential gibt, ist IT Service Management ist eigentlich ganz prima. Denn es zeigt eine Grundstruktur wie eine Landkarte auf. Mit etwas Training und Hilfe kann der Globus nun selbst begangen werden. Das heißt, es ist in den meisten Fällen gar keine große Beratungsleistung mit den Beteiligten das Ziel festzulegen. Das ist Standard Out-of-the-Box. Interessant ist das Team fertig für die Expedition zu machen und sich zu überlegen wie man durch Wüsten und über Berge kommt. Hier ist der Beratungsbedarf, ein praxiserfahrener Berater kann vielleicht zu Anfang noch nicht schätzen wie schnell man durch die Wüste laufen kann, aber er weiß welche Ausrüstung wie viel Wasser benötigt wird.

Die Neu-Strukturierung einer IT Organisation hat viel mit dem Essen eines Elefanten zu tun. Ist nachdem der Berater den Meetingraum verlassen hat klar, wo angefangen wird, wie groß die Bissen sind, wie groß der Erfolg nach einem Jahr kauen ist und was Plan B ist?

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