Zeitmanagement: Veränderung verwirklichen

Kennt ihr solche Aussagen von Kollegen „Ja, ich habe auch mal Zeitmanagement Methode X versucht, aber in meinem Arbeitskontext passt das nicht, weil … schreibt sogar Autor Y“? Eine solche Aussage kann sogar stimmen, hat aber auch gar nichts mit der Einführung eines persönlichen Systems für Zeitmanagement zu tun. Schon gar nicht mit der Chance das zu meistern oder daran zu scheitern.

Zeitmanagement ist wie Selbstmanagement meiner Meinung nach ein höchst individueller Ansatz. Ihr müsst Methoden aus diversen Zeitmanagementmethoden finden, die zu euch passen könnten,  ausprobieren, verändern, noch mal ausprobieren, nach mal anpassen und manchmal auch Dinge, die sich zuerst gut angeführt haben wieder verwerfen. Das richtige Maß an Durchhaltevermögen ist hier entscheidend, denn Zeitmanagement einführen ist Veränderungsmanagement.Kennt ihr eventuell eine Theorie zum Veränderungsmanagement? Dann wisst ihr, dass das Einführen von neuen Methoden auf Widerstände stößt und eine emotionale Reise ist. Oft wird dies im Zusammenhang mit Änderungen in einer Organisation gebracht, interessanterweise durchlebt ihr auch bei individuellen Änderungen einen solchen Zyklus. Der ist zwar abgeschwächt, weil ihr die Änderungen selbst ausgesucht und beschlossen habt, er ist dennoch da und muss gerade bei überwindbaren Schwierigkeiten gemeistert werden.

Handlungsdruck

Wisst ihr eigentlich genau warum ihr euer Zeitmanagement ändern wollt? Wenn es genug Handlungsdruck gibt, ist das vermutlich als Motivation genug. Könnt ihr jedoch das warum nur sehr vage beantworten, investiert hier bitte einige Zeit, denn ihr benötigt eine solide Motivation. Zum Beispiel wird es eine (hoffentlich kurze) Zeit geben in der euer neues Zeitmanagementsystem noch nicht effizient funktioniert. Gerade zu Anfang ist das nervig, ihr kennt die Gründe der Ineffizienz noch nicht und das alte System wäre schneller. Ist die Ausgangsmotivation nur „effizienter Arbeiten“ gewesen, ist das ein guter Grund vorschnell aufzugeben. Also, warum tut ihr euch das an?

Methodenauswahl

Es gibt sehr viele Methoden und Bereiche aus denen ihr euer Zeitmanagement zusammenbauen könnt. Gerade wenn ihr Anfänger seit kennt ihr die Methoden noch nicht in der Tiefe und wisst nicht genau welche Bereiche eurer Aufgaben mit welchem System gut funktionieren. Zeitmanagement hat die blöde Eigenschaft, dass ein bisschen Zeitmanagement kaum funktioniert. Auf der anderen Seite möchte man nicht sein komplettes Handeln umstellen, das wäre eine Überforderung.

Ich persönlich habe mein Zeitmanagementsystem dreimal in größerem Umfang umgestellt. Beim ersten Versuch hat fast gar nichts funktioniert, außerdem hatte ich einige technische Gadgets integriert, die sich alle als Spielerei herausgestellt haben. Das Gute daran war, dass ich nicht aufgegeben habe und einige Methoden kennengelernt habe, die als einzelnes Tool für mich gut geeignet waren. Beim zweiten Versuch war ich dann schon schlauer.

Sucht euch wenige Methoden aus und wendet diese konsequent an. Das bedeutet auch ein Optimieren der Methode. Wenn euch zu Anfang bestimmte Dinge nerven, sucht nach Verbesserungen. Bei der Abgrenzung ist es wichtig Wert auf die Eingangskanäle zu legen, dort wo sich die Aktivitäten wenig überlappen, könnt ihr einen Bereich Erstmal auslassen.

Wenn ihr unbedingt technische Tools einsetzen wollt, so probiert diese im Vorfeld gut aus. Ein Projekt eignet sich vielleicht, um eine To-Do-List-App zu testen. Wenn ihr euch damit über Wochen wohlfühlt, ist das Tool vermutlich für euer Zeitmanagement geeignet.

Kommunikation

Sucht euch für die Umstellung einen guten Zeitraum aus und kommuniziert das auch. Das fängt damit an, dass ihr eventuell am Tag der Umstellung keine Aufgaben annehmen könnt, sondern so eine Art Aufräumtag macht.

Auch wenn eure Umgebung gar nicht so stark betroffen sein wird, ist es trotzdem gut zu wissen, dass ihr nun anders arbeiten wollt und bei Nachfragen eines Kollegen Sätze sprecht wie „deine Aufgabe ist bei mir im Ready-Speicher, ist nicht verloren gegangen und vermutlich in 2 Tagen fertig“. Das ist bei Leuten, die zuvor Aufgaben vorgezogen haben, nur weil diese besonders oft Nachgefragt wurden, schon eine große Änderung.

Wenn Kollegen euer System unabsichtlich stören oder ihr einen Vorteil bieten könnt, falls Anfragen anders gestellt werden, so sprecht das an. Das kann nur helfen. Ich verweigere zum Beispiel das Zuweisen und Nachverfolgen von Aufgaben in Microsoft Outlook, da ich diese Funktion im Outlook nicht nutze. Auf der anderen Seite, wenn ihr mir in einer E-Mail eine Aufgabe so formuliert, dass ich diese in 2 min erledigen kann, so wird diese sofort erledigt, egal wie viele Aufgaben mein Tag noch verspricht.

Emotionale Schlittenfahrt

Eine große Umstellung im Selbstmanagement bedeutet meist eine emotionale Schlittenfahrt, seid darauf gefasst und nutzt diese Emotionen. Bei den meisten Menschen, die ich kenne, wird die Schlittenfahrt wie untenstehend ablaufen, allerdings ist die Geschwindigkeit sehr unterschiedlich. Aber da kennt ihr euch ja besser als ich, wenn Phasen länger dauern, gebt nicht so schnell auf.

  1. Freude oder gar Euphorie richtig tolle Methoden gefunden zu haben.
    Überladet euch nicht, bleibt bescheiden in der Auswahl der Tools und Anwendungsbereich.
  2. Orientierung was eigentlich wie anzuwenden ist und wozu das gut sein könnte.
    Konzentriert euch auf wenige Methoden, nutzt diese im Anfängermodus, schränkt den Anwendungsbereich bitte noch nicht ein.
  3. Die alte Arbeitsweise war doch auch gut.
    Oft äußert sich das im Rückfall und der beschleunigten Anwendung der alten Methode. Nehmt euch Zeit für die Analyse, was waren noch mal die Nachteile der alten Methode, warum wollt ihr Zeitmanagement umstellen.
  4. Das scheint alles nicht zu passen, ich will aufgeben.
    Analysiert was genau nicht passt, eventuell seit ihr nur noch nicht erfahren im Umgang mit den neuen Methodiken, es kann aber auch sein das diese Hürden enthalten, die ihr lösen könnt.
  5. Die Methoden scheinen gut, nur ich beherrsche die nicht
    Wendet fortwährende Übung und Verbesserung an, lasst euch nicht zu sehr Enttäuschen nur weil noch nicht alles reibungslos funktioniert.
  6. Ich sehe die Methoden im zusammenwirken und habe viele Verbesserungsideen.
    Sammelt die Verbesserungsideen und wendet diese erst nach und nach an.
  7. Es macht richtig Spaß mit meinem Zeitmanagement-Methoden-Set zu arbeiten.
    Nun seit ihr effizienter als vorher, es bedarf aber einiges an Durchhaltevermögen bis hierhin zu kommen.

Scheitern, aufstehen, besser Scheitern

Es ist gar nicht gesagt, dass ihr beim ersten Anlauf bis zum Punkt 7 kommt. Es gibt reichlich Klippen, an denen man scheitern kann. Mit Scheitern meine ich das Vorhaben Umstellung in ein Zeitmanagementsystem ist nicht gelungen und muss neu begonnen werden. Wenn einzelne Methoden nicht funktionieren oder Verbesserung benötigen, kann dies eventuell im Laufe der Umstellung noch korrigiert werden. Gerade Neulinge werden hier einiges an Zeit investieren müssen: Ausprobieren, Anpassen, wieder Ausprobieren. Vergesst bitte nicht zu hinterfragen, wozu bestimmte Dinge bei Methoden notwendig sind, bevor ihr die weglasst. Weglassen kann eine sinnvolle Entscheidung sein, aber bitte nicht uninformiert weglassen.

Wenn ihr scheitert, analysiert das Problematische aber auch das Erprobte, daraus lässt sich viel Wissen für den nächsten Anlauf gewinnen. Haben Methoden gefehlt, habt ihr zu viel auf einmal gewollt, ist das neue System nicht schnell genug gewesen als ihr unter Last gekommen seit, hattet ihr zu viele Vorgaben von außen, habt ihr zu viel an den Methoden geändert, war das System noch nicht verinnerlicht als ihr aus dem Urlaub wiedergekommen seit, usw.

Vielleicht hat ein bestimmtes Zeitmanagement-System nicht zu euch gepasst, dann schaut euch doch mal ein anderes System an. Ihr werdet sehen, dass viele Einzelkomponenten und Denkweisen ähnlich sein werden. Auf jeden Fall für den nächsten Anlauf, einen neuen besseren Plan aufstellen, einzelne Methoden besser vorher in Projekten testen, einen besseren Zeitpunkt zur Einführung wählen, eventuell einen Trainer hinzuziehen,  und dann geht es los, aufstehen, probieren, besser scheitern.

P.S.: Dies ist ein zukünftiger Abschnitt eines Büchleins zum Thema Zeitmanagement mit Kanban. Bis zur Vervollständigung ist es noch etwas hin, also habe ich beschlossen nützliche Kapitel schon mal vorab zu veröffentlichen.

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